Es hat sich eher etwas seltsam angefühlt, als ich Anfang Dezember eine Trainingsrolle in meinem WG-Zimmer aufgestellt habe und jeder Person die zu Besuch war nicht nur einmal erklären musste, was ich da mache und wozu das gut sein soll. Manchmal wusste ich es selbst nicht so genau, was ich da mache und wozu das gut sein soll. Man könnte auch einfach abends nach der Uni etwas Entspanntes machen… wäre da nicht dieses Hallenbike.
Hallenbike Spezial
Es ist eine mittlerweile 17-jährige Tradition. Jedes Jahr Anfang März laufen in Poppenhausen in der Rhön 21 Trainingsrollen heiß. Im Rahmen des 48-Stunden-Rennens „Hallenbike Spezial“ treten von
Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag Mixed-, Männer- und Frauen-Teams (eigentlich) à 8 Personen (plus Ersatzfahrer*innen) gegeneinander an. Jede*r Fahrer*in fährt eine Stunde, dann wird der km-Stand abgelesen und der*/ die* nächste Fahrer*in übernimmt das Rad.
„Die tun nur so“
Obwohl es schrecklich ist mehrmals an einem Wochenende um 3 oder 4 Uhr aufzustehen, um in einer Turnhalle auf der Rolle Mountainbike zu fahren, ist der Sog der Veranstaltung so groß, dass die Zahl der Wiederholungstäter*innen jedes Jahr steigt. So hat es sich wohl dahingehend entwickelt, dass ich Teil des ziemlich zusammengewürfelten Frauen-Teams „dietunnurso“ wurde. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir uns trotz oder gerade wegen der hohen Alters- und Leistungsdiversität im Team so gut schlagen würden.
Zwei 2.Plätze in Team- und Einzelwertung
Von den drei Frauenteams erreichten wir den 2. Platz, den 1. Platz haben wir letztendlich nur um 180m verpasst. Ich selbst wurde in der Fraueneinzelwertung Zweite. Ich bin mir sicher, dass unsere Platzierung und die Gruppendynamik im Team jetzt schon einiger der Fahrer*innen aus dem diesjährigen Team dazu motiviert hat, nächstes Jahr wieder teilzunehmen, ab jetzt mehr Rad zu fahren und ein bisschen über sich hinaus zu wachsen.
Eine Stunde am Limit, zusammen mit 20 anderen Menschen, lauter und gewöhnungsbedürftiger Musik aus dem vergangenen Jahrtausend, Schweißgeruch und brüllende Team-Mitglieder die dich anfeuern.
Noch völlig berauscht vom Hallenbikewettkampf, entschied ich mich letzten Frühling dazu, mir ein Rennrad zu kaufen – nur so kam es, dass ich heute das Velonistas-Trikot trage.
Nach dem Hallenbike ist vor dem Hallenbike
Es ist fast schon komisch am Sonntagnachmittag einfach nach Hause zu fahren und zu wissen, dass man jetzt nicht mehr nachts aufstehen muss, um Rad zu fahren. War man zuvor 48 Stunden lang getragen von dem Rhythmus der jeweiligen Einsätze auf dem Rad, der (schlechten) Musik und den unzähligen anderen motivierenden Menschen, die sich ebenso wie ich im Winter stundenlang auf der Rolle gequält haben müssen, erscheint es schon nicht mehr so abwegig schon jetzt mit der Planung für das nächste Jahr zu beginnen. Für dieses Wochenende wird man wohl so etwas wie eine Familie. Bereits in der Dusche nach der letzten Fahrt fühlt sich alles schon nicht mehr „so schlimm“ an. „Hat doch eigentlich Spaß gemacht oder?“